Schüttarschen

Schüttarschen [Štítary]

Wo der Laurenziberg von Osten und der Gänsberg von Westen das Tal einengten, lag an der Radbusa in 414 m Seehöhe das Dorf Schüttarschen. An der Bezirksstraße Bischofteinitz – Eisendorf gelegen, war es elf Kilometer von der Kreisstadt Bischofteinitz und vier Kilometer von Hostau, zu dessen Gerichtsbezirk es gehörte, entfernt. Am Ortsende, flußabwärts, erhob sich rechtsseitig der Gawan; ihm gegenüber, am anderen Ufer der Radbusa, ragte steil der 481 m hohe Laurenziberg auf. Weit ins Land hinein reichte rundum die Aussicht von seinem Gipfel. Von ihm grüßte die schon im 11. Jahrhundert zu Ehren des hl. Laurenz auf dem Boden einer vorchristlichen Kultstätte errichteten St.-Laurenz-Kirche. Dieser markante Berg trägt noch heute eine gut erhaltene Wallanlage, die sich unter den über 160 Wallburgen Böhmens durchaus sehen lassen kann.

Als 1854 der um die Kirche liegende Friedhof vergrößert wurde, stieß der Totengräber auf Menschengerippe in sitzender Stellung. Auf ihren Häuptern befanden sich Spangen. Auch Urnen und Bronzeringe wurden zutage gefördert.

Das Dorf Schüttarschen wurde bereits im Jahre 1282 mit dem Namen „Schilther“ urkundlich genannt. Der Name dürfte wohl auf das mittelhochdeutsche Wort „schiltaere“ zurückgehen, das soviel wie Schildmacher bedeutet. Im Urbar des Klosters Chotieschau war für das Jahr 1368-1371 ein Pfarrer Ziffridus in Schüttarschen bezeugt, der 1393 als Prior im Kloster Stockau aufgeführt war.

1789 beim Gut Hostau in der Majoratsherrschaft Bischofteinitz, zählte Schüttarschen 22 Nummern, 1839 22 Häuser mit 155 deutschen Einwohnern, 1913 wies es 33 Häuser und 206 Einwohner auf. 1939 lebten in Schüttarschen 219 Einwohner in 38 Häusern.

Abseits von Straßen und Dorfplatz stand, von gepflegten Gärten umgeben, der imposante zweistöckige Bau der dreiklassigen Volksschule. Im Erdgeschoß war die Wohnung des Schulleiters; die Klassenräume und Lehrmittelzimmer sowie das Raiffeisenlokal waren auf die Stockwerke verteilt. Zur Schulgemeinde gehörten neben Schüttarschen auch Amplatz, Taschlowitz, Schlattin, Wittana und bis 1905 auch Zwingau. Unlösbar verbunden mit der Schule war der Name Fleischmann, deren Träger in fünf aufeinanderfolgenden Generationen Leiter und Oberlehrer wie auch Chorregenten waren.

Wie die Pfarrkirche auf dem Laurenziberg alle Angehörigen des Kirchspiels Schüttarschen zu den Sonntagsgottesdiensten, den Hochfesten und dem Laurenzifest, zur Firmung und Erstkommunion, aber auch zu den Begräbnissen vereinigte, so war es die 1705 erbaute Kapelle auf dem Dorfplatz in Schüttarschen, in der man sich zu den Werktagsgottesdiensten und zu den Andachten zusammenfand. Besonders erfreulich für die Schüttarschener und die Schuljugend waren die Tage, an denen ein Hochzeitszug durch das Dorf schritt, um in der Kapelle an einer feierlichen Trauungszeremonie teilzunehmen. Neben diesem Mittelpunkt der Pfarrgemeinde bot das Dorf Schüttarschen als zweiten Mittelpunkt das Schulhaus, in dem die Kinder aus den Dörfern des Schulverbandes Schüttarschen zu tüchtigen Menschen herangebildet wurden. Aber auch die Raiffeisenbank im Schulhaus war ein zentraler Treffpunkt.

Das Dorf selbst hatte – im Gegensatz zu den umliegenden Dörfern – nur vier größere Bauernhöfe (mit mehr als zehn Hektar Grundbesitz), nämlich den Pfarrhof, dessen 30 ha Grund an mehrere Interessenten verpachtet war, den Wirt (Preiwisch), den Fäust (Hasl) und die Mühle (Licht). Dies war aus seiner beengten Lage zwischen den Meierhöfen Taschlowitz, Hassatitz und Hostau zu verstehen, reichte doch der Grund des Meierhofes Hassatitz bis an den Ortsrand und an den Gänsberg, der Grund vom Hof Taschlowitz bis an die Mühle in Schüttarschen heran.

Den Unterschied konnte man auch an den Gebäuden ablesen. Die Hofanlagen der Großbauern Fäust und Wirt sowie der Pfarrhof, zu dem der meiste Grund gehörte, waren stattliche Vierseithöfe. Die kleineren Landwirtschaften dagegen beschränkten sich auf Wohnstallgebäude, in denen Mensch und Vieh noch unter einem Dach lebten, und einen meist quergestellten „Stodl“. Alle „Stodel“ (= Stadel, Scheunen) waren, wie in unserer Gegend üblich, gemauert. Zur besseren Belüftung sparte man in den Giebeln einige Ziegelsteine aus und gestaltete die Lücken zu ornamentalen Verzierungen wie Kreuzen, Sternen, Reibungen von Quadraten, Rauten usw.

Eine Besonderheit des Dorfes Schüttarschen war der achtzig Meter lange Steg über die Radbusa. Zur Schüttarschener Mühle führte der Weg für Fahrzeuge nur durch die Furt durch den Fluß oder als weiter Umweg über Hassatitz und Amplatz. Die Fuhrwerke waren mit Pferden oder Kühen bespannt, Traktoren waren im Ort noch nicht im Einsatz. Um trockenen Fußes vom Dorf in die Mühle zu gelangen, auch um auf den „Barch“ (=Laurenziberg) zu kommen, wurde der Steg benützt. Er führt über die Radbusa und den Mühlbach, kurz vor dessen Einmündung. Besonders bei den jährlich wiederkehrenden Hochwassern war die Länge des Steges vonnöten. Der Steg selbst wurde nie überschwemmt. Dieser ruhte auf großen quadratischen Pfeilern, die aus Steinen gemauert waren. Darauf lagen die Eisenträger, welche die sich aneinanderreihenden schweren Granitplatten trugen.

Die Mühle und die dazugehörenden Wirtschaftsgebäude standen jenseits der Furt, etwa 100 Meter vom Dorfrand entfernt. Hinter dem Anwesen der Mühle begann der etwa 2 km lange Fahrweg nach Amplatz, davon kurz hinter der Mühle nach rechts abzweigend der „Totenweg“ und der steilansteigende Fußweg auf den Laurenziberg. Vom Hof der Mühle flußabwärts führte am Fuß des Laurenziberges entlang (im oder am „Stoa(n)fölsn“ der ca. 1 km lange Fußweg nach Taschlowitz.

Der Spielplatz – zwischen der Kreisstraße, dem Schlattiner Bach und dem Anwesen Zischka (Wagner) gelegen – war der Turnplatz der Schule. Fortschrittliche Lehrer hatten ihn schon vor dem ersten Weltkrieg mit feststehenden Turngeräten ausgestattet.

Der Hammer, ehemals ein alter Eisenhammer, aber längst nur mehr Wohnhaus, träumte als Einöde im Radbusatal, seitab vom Weg nach Hassatitz, vor sich hin.

Auch zwei Baumschulen befanden sich im Dorf. In der Schulbaumschule im Schulgraben lehrte Oberlehrer Josef Fleischmann die wißbegierige Jugend, wie man Obstbäume heranzog, veredelte und beschnitt. Eine Pflanzstätte speziell für Laubbäume war die Gemeindebaumschule gegenüber der Ziegelhütte am Fuße des Gänsberges.

Den Haupterwerbszweig bildete die Landwirtschaft. An Gewerbebetrieben waren ansässig: eine Gastwirtschaft, ein Kaufladen, zwei Mühlen (eine in Schüttarschen, eine in Hassatitz), eine Schmiede, eine Wagnerei, eine Schusterei, eine Schneiderei, eine Niederlassung der Raiffeisenbank, (bis zu Beginn der Dreißigerjahre auch eine Ziegelei mit Handbetrieb).

Das Flächenmaß der Gemeinde Schüttarschen betrug im Jahre 1939 415,49 ha. Es gliederte sich in 214,55 ha Äcker, 37,89 ha Wiesen, 86,11 ha Wald und 2,59 ha Gärten. Der Rest war nicht landwirtschaftlich genützt (Wege, Hecken, Ödungen usw.). Der Boden war fruchtbar, was der erfolgreiche Anbau von Weizen sowie aller anderen heimischen Getreidearten bezeugte.

Die Bevölkerung war durchwegs deutscher Nation und bekannte sich zum römisch-katholischen Glauben. Sie stammte wie fast alle Leute im Kirchspiel von alteingesessenen Familien ab.

Das Leben in der Dorfgemeinschaft war geprägt von den Erfordernissen der Land- und Viehwirtschaft und beeinflußt von den verschiedenen Erscheinungsforrnen der Vereinsbildung und des Fortschritts. Die Raiffeisenkasse wurde im Jahre 1900 gegründet.

Erst um das Jahr 1902 wurde der Gemeinde auf deren Drängen das Jagdrecht zugestanden, das bislang die Herrschaft Bischofteinitz innehatte. Die Jagdgenossenschaft bestand seit 1910.

Im Jahre 1928 wurde die Elektrizitätsgenossenschaft gegründet, die nunmehr die Elektrifizierung der Gemeinde zügig vorantrug.

Etwa zur gleichen Zeit wurde eine Freiwillige Feuerwehr gegründet, deren Ausbildungsstand und Ausrüstung sich von Jahr zu Jahr verbesserte. Im Jahre 1931 erbaute die 22 Mitglieder zählende Wehr am Rand des Dorfplatzes ein Spritzenhaus und schaffte eine Motorspritze an, die im Zuge einer großen Festveranstaltung feierlich eingeweiht wurde.

Neben den Aufgaben zur Brandverhütung und -bekämpfung trug die Feuerwehr auch zur Gestaltung des öffentlichen Lebens in der Dorfgemeinschaft bei. In bester Erinnerung sind heute noch die sommerlichen Gartenfeste und zur Winterzeit der weithin bekannte und beliebte Feuerwehrball im Gasthof Preiwisch.

In der Gemeinschaft der Dorfbewohner standen aber auch einige Arbeiten an, deren Erledigung dem Wohl der Allgemeinheit diente und auch gemeinsam betrieben wurde.

Im Dorf gab es noch keine Wasserleitung. Man pumpte das Wasser aus dem Brunnen vor dem Haus. Da und dort hatten auch mehrere Familien zusammen einen Brunnen.

Der Meierhof in Hassatitz hatte sein Wasserreservoir auf dem Schmalzbuckl, direkt über dem Steinbruch, und daraus floß das Wasser für die eigene Wasserleitung.

An Straßen und Wegen und in den Fluren unserer Heimat waren häufig Marterl und Kreuze zur frommen Erinnerung gesetzt, und es war bei uns alter Brauch, daß man bei jedem Marterl oder Feldkreuz, an dem man vorbeikam, „Gelobt sei Jesus Christus“ sagte. Die Männer und Buben zogen dabei noch den Hut oder die Mütze

Als Opfer des 1. Weltkrieges waren in Schüttarschen 6 Gefallene und 1 Vermißter zu beklagen, der zweite forderte 10 Opfer.

Nach Hertha Herzog und Wenzel Schmidt