Sirb [Srby]
Sirb wurde mundartlich „Sier“ genannt. Der Ort besaß eine zentrale Lage innerhalb des Kreises. Es fand sich auf der Landkarte auf der Längsseite eines Dreiecks, das von den drei Städten gebildet wird. Nach Bischofteinitz waren 6, nach Ronsperg 8 und nach Hostau 10 km. Verwaltungsmäßig gehörten zu Sirb der 2 km nördlich gelegene Weiler Rouden und der Ortsteil Ferdinandstal, ca. 1 km radbusaaufwärts; zwischen Sirb, Rouden und Ferdinandstal lag das hügelige Gelände des Roudner Berges.
Das Dorf wurde durch die Radbusa in zwei Teile geteilt. Links des Baches war die „Große Seite“, rechts die „Kleine Seite“. Die Hauptverkehrsstraße war die Bezirksstraße Hostau-Bischofteinitz, die durch den ganzen Ort führte. Entlang des Baches, der Straße und der Häuserfront zog sich auf der Großen wie auf der Kleinen Seite je ein breiter Streifen Land und bot den Anblick von geräumigen Dorfplätzen.
Die Radbusa hatte im Ort ein breites Flußbett, das beinahe einem Teich glich. Die zwei tiefsten Stellen waren die sogenannte „Sai-Schwemm“ bei der Oberen Mühle und „Unter der Bruck“, d. h. unter der Großseitner Brücke. Letztere sowie die Sai-Schwemm bis zum „Großen Stein“ waren die Freibäder der Jugend. Die Brücke bestand aus der „Großseitner“ und der „Kleinseitner Brücke“; denn davor teilte sich der Bach und bildete die Insel „UntererAnger“. Der „Obere Anger“ lag am rechten Ufer des Baches als Abschluß des Kirchplatzes. Dem Oberen Anger gegenüber lag auf der Großen Seite das „Ouschka-Angerl“, dessen Rand mit Erlen bewachsen war. Der Obere und der Untere Anger wurden von der Gemeindeverwaltung mit Pappeln bepflanzt. Am Westende der Radbusa-Insel, schon auf der Brücke, stand eine kleine Kapelle, geweiht dem hl. Johann von Nepomuk, beschattet von zwei Kastanienbäumen. Ein Wehr, das hier den „Kleinseitner Bach“ abschnitt, regulierte die Wasserzufuhr zur Unteren Mühle.
Der Name Sirb, tschechisch Srby, geht auf den altslawischen Stammesnamen „Srbi“ zurück. Es ist der Name für einen Volkssplitter und bedeutet Serben oder Sorben, die wahrscheinlich hier angesiedelt wurden. Nach Schwarz erschien Sirb als „Surb“ erstmalig 1312. Im Urbar der Herrschaft Bischofteinitz-Zetschowitz aus dem Jahre 1587 wurde Sirb mit 26 Bauernhöfen erwähnt. Außerdem befanden sich damals in Sirb 3 Mühlen und 1 Schenke. 1654 stand der Ort als „Syrb“ in der Steuerrolle. Bei Schaller wurde 1789 Sirb oder Srb mit 38 Nummern, bei Sommer 1839 mit 46 Häusern und 322 Deutschen aufgeführt, bei Liebscher 1913 mit 67 Häusern und 456 Einwohnern. 1939 hatte Sirb laut Volkszählung 441 Einwohner, 1945 wies es 101 Hausnummern auf.
Die Sirber Bürgermeister stammten aus dem Bauernstand. Die Sozialdemokraten stellten jeweils den Stellvertreter. Das Ortsrnuseum von Sirb war in der Volksschule untergebracht. Dort war auch die Dorfchronik verwahrt. Auf dem Platz vor dem Schulgarten wurde 1922 in einer kleinen Anlage ein Kriegerdenkmal zu Ehren der im Weltkrieg 1914-1918 Gefallenen errichtet. Ihre Zahl betrug 7, die der an Kriegsstrapazen Gestorbenen 5. Auf dem Denkmal waren auch die Namen der Gefallenen von Ferdinandstal, Rouden, Meeden und Sadl eingemeißelt (Pollschitz hatte ein eigenes Kriegerdenkmal). Im zweiten Weltkrieg hatte Sirb 34 Gefallene, Vermißte und an Kriegsfolgen Verstorbene zu verzeichnen. Ferner beklagt Sirb 2 Todesopfer tschechischer Straflager.
In den zwanziger Jahren wurden von der Gemeindeverwaltung, teilweise mit staatlicher Subvention, in die Nachbarorte Metzling, Kleinsernlowitz und Rouden Straßen mit festem Untergrund gebaut. Die Roudener Straße wurde von der Gemeinde Rouden bis an die Haschowaer Grenze weitergeführt. In derselben Zeit wurde durch die Bodenreform das Weihergelände, ein sumpfiges Busch- und Waldgebiet im Ausmaß von ca. 13 ha, das links der Bezirksstraße gegen Pollschitz lag und noch im Besitz der Bischofteinitzer Herrschaft war, an Sirber und Pollschitzer Familien aufgeteilt. Die Interessenten bekamen zur Kultivierung 20 ar bis 1 ha Land. Das wichtigste Gemeinschaftswerk des Dorfes in diesem Dezennium war die Elektrifizierung, wobei 1929 die ganze Ortschaft dem Leitungsnetz der Überlandzentrale angeschlossen wurde. Seit 1904 hatten bereits einzelne Höfe von den beiden Mühlen Sirbs Lichtstrom bezogen.
1938 wurde in Sirb ein Standesamt errichtet, zu dem die Dörfer des Pfarrsprengels gehörten. Im selben Jahr erhielt Straßenmeister Höpfl für die Straßenmeisterei Hostau die Dienststelle mit dem ersten Telefonanschluß für Sirb in sein Haus Nr. 96 gelegt. Sirb wurde auch Sitz einer Nebenstelle der Reichspost, die während des Krieges eine öffentliche Fernsprechanlage bekam, ebenso Haltestelle für Postautobusse. Vor 1938 war das für Sirb zuständige Postamt in Metzling. Zur Zeit der CSR war Sirb zeitweise selbständiger Gendarmerieposten, sonst unterstand es der Gendarmerie Metzling. Das 3 km südlich von Sirb liegende Metzling war auch die Bahnstation.
Die barocke, mit einem Zwiebelturm versehene Dorfkirche war Johannes dem Täufer geweiht. Sie war im Jahre 1774 von Johann Schirmer, Obere Mühle, als Kapelle erbaut und 1878 so vergrößert worden, daß sie mit einer Länge von etwa 20 m und einer Breite von 14 m 600-700 Kirchenbesuchern Platz bot. Sirb gehörte kirchlich zunächst zur Pfarrei Horschau. 1785 wurde es Lokalie. Die Sirber Pfarrmatriken beginnen 1798. Dieser Lokalie wurden die Dörfer Sirb, Pollschitz und Rouden, die bisher der Erzdechantei Bischofteinitz unterstanden, ferner die zu Schüttarschen gehörenden Dörfer Meeden und Sadl einverleibt. 1857 wurde Sirb zur Pfarrei erhoben. Aber schon 1786 hatte Sirb ein eigenes Pfarrgebäude und um dasselbe den ersten Friedhof. Um 1880 wurde an der Metzlinger Straße ein neuer Friedhof angelegt und 1911 nach Süden vergrößert. Der alte Friedhof wurde Pfarrgarten, das Pfarrgebäude 1912/13 erneuert. Von Trajer wurde 1862 der Pfarrsprengel Sirb mit 1180 Katholiken und 5 Israeliten angegeben. Die Zählung im Jahre 1920 ergab 1122 Katholiken. Die Sirber Flur hatte 20 Feldkreuze.
Sirbs Schulkinder wurden zunächst in einem Bauernhof, beim Neubauern, unterrichtet. Am 4. Mai 1791 begann die einklassige Volksschule in dem neuerbauten Schulhaus ihren Betrieb; im Jahre 1871 kam die zweite Klasse, im Jahre 1891 die dritte Klasse hinzu. Dieses erste Schulhaus stand neben dem Pfarrhaus. Im Jahre 1889 errichtete man am Südausgang des Dorfes zwischen der Ronsperger und Metzlinger Straße ein neues Schulgebäude, ein massives einstöckiges Haus. Nach Sirb eingeschult waren die Gemeinden Sirb mit Rouden, Pollschitz, Meeden und Sadl. In Sadl wurde 1926 eine einklassige Schulexpositur zur Mutterschule Sirb errichtet, an der seit 1910 vierklassigen Volksschule in Sirb wurde eine Klasse aufgelöst. Aus Sirb stammen eine ganze Reihe Volksschullehrer sowie Akademiker. Von ihnen verdienen mit Namen genannt zu werden: Orientalist Dr. Johann Paul Wartha, geb. 1714, Professor Georg Feierfeil, geb. 1860, Prälat Dr. Wenzel Feierfeil, geb. 1868, und Volksschullehrer und Heimatdichter Andreas Feierfeil, geb. 1875.
Das Katasterausmaß von Sirb/Ferdinandstal betrug 617,99 ha. Davon waren 537,72 ha Äcker, Wiesen und Gärten und 24,83 ha Wald Privatbesitz und 55,44 ha Gemeindegrund (Äcker, Wiesen und Hutweiden). Die Gemeinde besaß ferner ein Haus auf der Großen Seite am Radbusa-Ufer; in ihm waren die Gemeindeschmiede und der Gemeindehirt untergebracht. Es diente gleichzeitig als Armenhaus.
Die Gemeinde Sirb trug ausgesprochen bäuerlichen Charakter. Sirb hatte 1945 20 bäuerliche Groß- und 17 Kleinbetriebe. Die Grundlage des Ackerbaues war der gute Boden. Um 1910 wurden zwei Dreschgenossenschaften gebildet. Großer und Kleiner Dampfer.
Alle Sirber Bauern waren Mitglieder des Bischofteinitzer Lagerhauses, einzelne Bauern der 1909 in Bischofteinitz errichteten Spiritusbrennerei. Sirb gehörte dem Rinderzuchtverein Bischofteinitz an und besaß nach dem ersten Weltkrieg den ersten Milchkontrollverein des Kreises. In Sirb waren ein Notschlachtungsverein und ein Pferdeversicherungsverein; dem letzteren gehörten neben den Pferdebesitzern des Pfarrsprengels auch die aus Haschowa und Zwingau an. Schließlich war in Sirb ein Imkerverein. Die Gemeinde hatte in der Radbusa das Fisch- und über die ganze Gemarkung das Jagdrecht. Die Fischerei war während der CSR mitunter an Pächter vergeben, sonst erteilte die Gemeindeverwaltung an Interessenten gegen einen Geldbetrag Anglerlaubnis. Das Fischrecht im Mühlbach (von dem Wehr oberhalb der Wiesen „Zwischen den Bächen“ bis zur Mühle) hatte der Besitzer der Oberen Mühle. Die Sirber Jagd wurde bis 1935 von der Gemeindeverwaltung in eigener Regie betreut; seitdem war sie verpachtet.
Die Männer der Sirber Häusler- und Arbeiterfamilien waren meistens gelernte Maurer und Zimmerleute, unter ihnen auch begehrte Poliere. Das Gewerbe war 1945 in Sirb durch 2 Kunstmühlen, 3 Gasthäuser, 2 Fleischereien, 1 Bäckerei, 2 Lebensmittelgeschäfte, 2 Schmiedewerkstätten, 1 Friseurladen, 1 Schlosserei, 1 Wagnerei, 1 Mechanikerwerkstatt, 2 Schuhmacher, 1 Herrenschneider und 2 Damenschneiderinnen, 1 Spenglerei, 2 Tischlereien und 1 Hebamme vertreten.
Die Sirber Feuerwehr, gegründet 1898, war seit 1933 mit einer Motorpumpe ausgestattet. Sie besaß die einzige Vereinsfahne des Ortes. Die Mitglieder der Wehr setzten sich aus Männern von Sirb, Ferdinandstal, Rouden, Pollschitz und Meeden zusammen; die Pollschitzer gründeten 1937 eine eigene Wehr. Sirb besaß eine Ortsgruppe des Deutschen Kulturverbandes und des Bundes der Deutschen in Böhmen. Der Kulturverband bestand bereits vor dem ersten Weltkrieg als „Deutscher Schulverein“. Die Aufgaben der Ortsgruppe des Bundes der Deutschen übernahrn die 1928 gegründete Jugendortsgruppe. Nach dem ersten Weltkrieg hatte Sirb einen Gesangverein, 1934 eine Männerturnriege, ferner einen Kriegerverein und eine Ortskapelle.